Demonstrationsbericht zum 1. Mai in Eisleben

Am 1. Mai. 2019 fand in der sachsen-anhaltinischen Kleinstadt “Lutherstadt” Eisleben eine AfD-Kundgebung mit anschließender Demonstration statt. Die AfD mobilisierte unter dem Motto “Arbeitsplätze schaffen! NEIN zur links-grünen Lobbypolitik. JA zum Diesel und zur Braunkohle!”. Als Redner waren die AfD-Häuptlinge Martin Reichardt, Robert Farle, Jens Maier und Dr. Hans-Thomas Tillschneider geladen. Allesamt prominente Vertreter innerhalb der AfD. Später gab sich auch Rick Heinze aus Querfurt zu erkennen. Heinze ist AfD-Kreisvorstandsmitglied im Saalekreis und nahm in der Vergangenheit unter anderem an Aufmärschen von “Gesicht zeigen gegen Asylmissbrauch” (organisiert von Neo-Nazis) in Querfurt teil.

Wir mobilisierten unter dem Motto “Druck machen – antirassistisch//solidarisch” zu einer Gegenkundgebung, welche sich in Hör- und Sichtweite zur AfD-Veranstaltung am Eisleber Marktplatz befand.
Erfreulich war, dass es bereits bei der Organisierung der Gegenveranstaltung zu einer regen Beteiligung von jungen, engagierten Menschen aus Eisleben sowie Umland kam, die der AfD ihre Show am Marktplatz in Eisleben versauen wollten.

Vor Beginn beider Veranstaltungen konnte man die Polizei dabei beobachten, wie sie Sticker mit linken Inhalten in Eisleben entfernte. Uns stellt sich die Frage, ob die Polizist*innen der Polizei auch bei Aufklebern mit rechten Inhalten so engagiert gewesen wären. Fraglich ist auch, warum die Polizei stetig Teilnehmer*innen der AfD-Veranstaltung, unter anderem eine Person mit einem AfD-Ballon, zu unserer Kundgebung durchließ. Kein Wunder also, dass vereinzelten AfD-Anhänger*innen so die Möglichkeit gegeben war, unsere Kundgebung zu provozieren, unter anderem wurde ein Ordner unserer Gegenkundgebung angerempelt, zudem kam es in gewisser Regelmäßigkeit zu verbalen Auseinandersetzungen.

Unsere Gegenkundgebung begann 13 Uhr mit der Verlesung unseres Aufrufs. Bereits zu diesem Zeitpunkt zählten wir circa 50 Teilnehmer*innen auf unserer Seite. Schon da war zu merken, dass die AfDler sich von unserer musikalischen Untermalung, unseren Fahnen, Plakaten und Transparenten sowie der bloßen Anwesenheit gestört fühlten. Die Ordner der AfD zückten wutentbrannt ihre Handys, um unsere Veranstaltung zu fotografieren und versuchten gleichzeitig, die öffentliche Beobachtung ihrer Kundgebung zu unterbinden.

Auf Seiten der AfD wurde währenddessen noch aufgebaut. Langsam fand sich dort das ostdeutsche AfD-Konglomerat zusammen. Das heißt konkret: vor sich hin meckernde Wutbürger*innen, die sich in einem permanenten, akuten Bedrohungsszenario wähnen, wobei die befürchtete Gefahr für die deutsche Nation und herbeigesehnte Volksgemeinschaft immer wieder andere Formen annimmt. Die Gefahr wird dabei in Angela Merkel, der GEZ, “links-grüner Lobbypolitik”, angeblicher “Frühsexualisierung” in Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen, dann wieder in geflüchteten Menschen, später wieder in Angela Merkel gesehen. Das Gelaber der AfD-Fanbase kann man beliebig fortsetzen. Zu bemerken ist auch die rege Beteiligung von Neo-Nazis an der AfD-Veranstaltung, welche weiter unterstehend nochmal gesondert behandelt werden.

Gegen 14 Uhr zählten wir bei uns um die 100 Teilnehmer*innen, nach und nach kamen mehr Menschen zu unserer Gegenveranstaltung, wobei sich diese Zahl später auf 150 Protestierende erhöhte, aus den unterschiedlichsten Strömungen, Organisationen und Parteien.
Wenig später begannen die Reden der AfD, welche von uns deutlich übertönt wurden. AfD-Redner Robert Farle echauffierte sich darüber und meinte, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht gewährt ist und forderte die Polizei dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen. Unsere Kundgebung verdeutlichte ihren Protest währenddessen weiter lautstark. Zum Klimawandel sagte er: “Wenn’s hier mal zwei Grad wärmer wird, finde ich das auch nicht schlimm. Dann geh’ ich lieber segeln.” oder, dass die Menschheit immer eine Hochphase erlebte, wenn es wärmer wurde (sinngemäß). Weitere Inhalte der verschiedenen AfD-Reden konnte man schwer oder gar nicht wahrnehmen.

15 Uhr formierte sich dann der Mob zu einer Demonstration. Ganz vorne am Transparent: die bereits erwähnten AfD-Häuptlinge Reichardt, Farle, Maier sowie Tillschneider, außerdem noch Daniel Wald (Mitglied im Landtag für die AfD) und Rick Heinze mit einem T-Shirt des verschwörungsideologischen, rechtspopulistischen “COMPACT” Magazins, worauf man “Sieg für Deutschland!” lesen konnte.
Zu diesem Zeitpunkt bestand der AfD-Mob aus ungefähr 150 Teilnehmer*innen.
Nach einer ziemlich kurzen Runde durch Eisleben kehrte der AfD-Mob zurück, kaum angekommen am Markt, wurde ihre Show von uns wieder lautstark begleitet.
Eine Stunde später löste die AfD ihre Veranstaltung auf und der Wutmob zerstreute sich in alle Winde.

Innerhalb der AfD-Veranstaltung konnte man eine Gruppe von circa 20 Neo-Nazis erkennen. Ebenso anwesend war der rechtsradikale Ex-NPD (jetzt: Die Rechte) Kader Rolf Dietrich aus Frankleben (Saalekreis). Rolf Dietrich unterstützt seit langer Zeit die regionale Neo-Nazi Szene finanziell und organisatorisch.
Während des gesamten Veranstaltungszeitraums tummelten sich Neo-Nazis in den Gassen der Innenstadt und belagerten unsere Gegenveranstaltung.
Einer der Rechtsradikalen fiel sein mitgebrachter Teleskopschlagstock aus der Hosentasche, als er versuchte, Teilnehmer unserer Gegenveranstaltung zu provozieren. Wenig später befasste sich die Polizei mit ihm, glücklicherweise musste er seine Schlagwaffe dort abgeben.
Ein weiterer schlich unbemerkt in unsere Kundgebung, um ein Foto von sich machen zu lassen und verließ diese dann wieder in Richtung AfD-Veranstaltung.
Von den NS-Apologeten gab einer ein besonders verrücktes Bild ab. Mit Dehn- und Lockerungsübungen wärmte er sich offensichtlich auf, ein sehr befremdlicher Eindruck mit Fremdscham-Niveau.

Wir waren sehr erfreut über die etlichen Redebeiträge, denen man auf unserer Seite zuhören konnte. So gab es einen Redebeitrag von jungen Klimaaktivist*innen aus Eisleben, dem “Bündnis Querfurt für Weltoffenheit” zu einer AfD-Veranstaltung am 17.05. in Querfurt, wo auch Björn aka Bernd Höcke auftreten wird, dem “Kollektiv ifs dichtmachen!”, von der Partei “Die PARTEI”, Sebastian Striegel (Bündnis90/Die Grünen, Mitglied des Landtags) sowie von Genoss*innen, die auf eine geplante Aktion gegen Abschiebehaft in Halle (Saale) und Dessau aufmerksam machten.

Wie bereits erwähnt, gab es ein breites Bündnis von Menschen aus unterschiedlichsten Organisationen, Parteien und Strömungen, die zu jedem Zeitpunkt ihren Unmut über die AfD kundtaten, lautstark und mehr als deutlich!
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmer*innen, die dem Volksmob und der AfD die Stirn geboten haben und ihre Veranstaltung unangenehm machten.